Warschau überrascht. Es hat von allem viel mehr als gedacht. Unzählig viele gepflegte Parks- und Grünanlagen. Hunderte von Gebäuden, die sich nicht erst herausputzen müssen, um jederzeit als Kulisse in historischen Filmen zu dienen. Prachtstraßen voller eleganter Cafés und Restaurants, coole Locations entlang der Weichsel, modernste Museen – wir ahnen, drei Tage kratzen nur an der Oberfläche.
Kurzbeschreibung
Inmitten der Hochhauskulisse fühlen wir uns zwergenhaft, als wir am Hauptbahnhof aussteigen und sofort den Kopf in den Nacken legen müssen, ob der schieren Höhe der Gebäude. Ein bisschen verspielt, aber unverkennbar russisch, der Pałac Młodzieży, ein 237 m hoher Prachtbau und Geschenk der Sowjets an Polen 1955 im Stil des sozialen Realismus. Ihm gegenüber moderne Konkurrenten, wie z.B. das elegante Złota 44 von Daniel Libeskind. Zu Füßen der Riesen zig Shoppingkomplexe, gefüllt mit Allerweltslabeln. Die Giganten helfen sich überall in der Stadt grob zu orientieren. Fast überall, denn ein Blick vom offenen 30. Stockwerk des Palastes über Warschau zeigt, wie sehr sich die Stadt in alle Himmelsrichtungen ausdehnt.
In puncto Programm der nächsten Tage haben wir uns Interessantes und Sehenswertes u.a. bei https://warsawtour.pl herausgesucht, und die Stationen nach Laune und Gusto zusammengestellt. Dazu Restauranttipps aus lokalen Magazinen und Empfehlungen des Hotels.
Unsere Unterkunft liegt mitten im Zentrum, sternförmig wollen wir jeden Tag eine andere Tour machen und da die Temperaturen jetzt im August um 30°C liegen, haben wir uns nicht sehr viel vorgenommen, sondern gehen es gemütlich an.
- Tag ab Nachmittag
Łazienki-Park Palast auf dem Wasser
Tipp: Der Park ist herrlich kühl, es gibt viele Erfrischungsstände und Leute, die im Park picknicken und Sport treiben. Hier lässt sich der polnische Feierabend gut mitfeiern. - Tag Prachtstrasse Nowy Swiat – UNESCO Altstadt mit Königspalast – Museum der Geschichte der Polnischen Juden (sehr umfangreich) –
Dąbrowski Brücke auf die rechte Weichsel Seite (Treppen) – Praga Nord – Mala Strasse und Graffitis – Heilig Kreuz Brücke zurück aufs linke Weichselufer
Tipp: Für einen entspannten Rundgang durch das Altstadtviertel und gute Fotomöglichkeiten unbedingt so früh wie möglich dort sein. Ab 10 Uhr landen die Touristenbusse, dann füllen sich die Gassen.
- Tag
Weichsel Deichradweg – geplant bis auf Höhe Wilanów zur Fähre, um am rechten Weichselufer zurückzufahren – schönen Strand gefunden, aber Fähre scheinbar nicht (mehr?) vorhanden – Wilanów Park Jan III Sobieskis mit dem Versailles Polens – Stippvisite im Plakatmuseum – Aussichtsterrasse Pałac Młodzieży – nochmal Nowy Swiat – Altstadt in der Abendstimmung
Tipp: Auf dem Deichradweg Verpflegung, zumindest Getränke mitnehmen, denn es gibt entlang der Strecke nichts. Auch am Strand keine Einkehrmöglichkeit. Dafür ist es naturbelassen, man hat viel Platz und einen flachen, sandigen Einstieg ins Wasser.
- Tag am Vormittag
Markthallen Mirowska und Gwardii
Tipp: In Gwardii kann man morgens Kleinigkeiten frühstücken und guten Kaffee trinken, in und um Mirowska die Vorräte auffüllen.
Warschau bietet natürlich noch viel mehr zu sehen, aber die Zeit war knapp und die Temperaturen ließen keine Eile zu. Warum auch? Schließlich hatten wir Urlaub. Wir haben ein interessantes und geschichtsträchtiges Warschau erlebt, welches die Ereignisse des 2. Weltkrieges und dessen Folgen nicht vertuscht, sondern lebendig hält und Versuche unternimmt, die jüdische Kultur in ihrer Mitte wieder zu stärken. Gleichwohl waren wir live dabei, als Andrzej Duda zum zweiten Male als Präsident vereidigt wurde und am Tag darauf Hunderte Polizisten eine friedliche LGBT Protestwelle am Kopernikus-Denkmal gegen die homophoben Gesetze der Regierung auf der Nowy Swiat lahmlegte. Nur wenig weiter ließ eine Motorradclique vor dem Sigismund Denkmal ihre Motoren röhren, Straßenkünstler bespaßten Touristen vorm Königspalast mit Feuer und Luftballons und die Straßenlokale barsten vor Gästen. Es bleibt interessant, wie sich Polen in den nächsten Jahren weiterentwickelt. Alles scheint möglich.
Fahrradverleih Veturilo/Nextbike
Das eigene Rad ist natürlich immer das Beste, aber wer seines nicht mitbringen möchte kann sich sehr einfach in Warschau eines von 5.700 an über 390 Stationen ausleihen.
Man lädt seinen Account mit 10 Zloty auf und los geht’s. Die ersten 20 min sind kostenfrei, danach gibt es eine Staffelung pro Stunde. Wer in Deutschland oder in anderen polnischen Städten bereits bei Nextbike registriert ist, kann gleich loslegen. Mehr Info unter: https://www.veturilo.waw.pl
Zu beachten im Verkehr:
Derzeit gibt es ca. 490 km Radweg in der Hauptstadt. Bis 2023 plant man auf 1.100 km aufzustocken, die bis in alle Anrainergebiete führen. Entlang vieler breiter Straßen zieht sich mindestens auf einer Seite ein Radweg für Fahrten in beide Richtungen. Einige Radwege sind auf der Straße ausgewiesen, meist fahren die Warschauer jedoch auf dem Bürgersteig. Die Fußgänger sind entspannt mit Radfahrern, E-Rollern etc. wohingegen Autofahrer (sehr viele mit soundgetunten Motoren), weitaus weniger gelassen oft gefährlich nah an Radfahrern vorbeirauschen.
Einbahnstraßen sind für Räder meist auch in entgegengesetzter Richtung befahrbar. Auf das Zeichen achten:
Nicht überall ist der Boden gleichmäßig gepflastert. Ordentliche Schlaglöcher und erst aus der Nähe zu sehenden Stufen kommen immer mal wieder vor.
In ganz Polen gilt: Auf Zebrastreifen haben Fußgänger und Fahrradfahrer beim Überqueren keinen Vorrang. Autofahrer können, müssen aber nicht anhalten.
Es könnte somit der erste und letzte Fehler sein, den man in Polen begeht. Deshalb: Augen auf!
Quelle u.a. https://www.polen.travel/de-at/aktivitaten/sport/rad/mit-dem-fahrrad-warschau-besichtigen
Karten und Apps
Neben Google Maps nutzen wir die App maps.me Dazu die Detailkarten aller Regionen im Vorfeld runterladen und so offline nutzbar machen.
Interessant fand ich dazu die App archimap, die architektonisch interessante Gebäude der Stadt auflistet. Die App Memory of the City zeigt anhand von Orginalfotos, Texten und Videos was sich an verschiedenen Stellen der Stadt im zweiten Weltkrieg abspielte.
Leo.org ist eine gute Hilfe bei Übersetzungen, auch der Google Translator übersetzt ganz ordentlich.
Übernachtung
In ganz Polen gibt es lediglich zwei nachhaltig zertifizierte Hotels, gar nicht so einfach also, wo man braucht eine entsprechende Übernachtung zu finden.
Im Endeffekt einigten wir uns auf die polnische Kette PURO. Sie bezeichnet sich als eco-friendly und wirbt mit modernen Zimmern, gutem W-Lan, kostenlosen Fahrrädern, Zimmerreinigung und Handtuchwechsel auf Wunsch.
Check-In und out ist papierlos am Tablet. Auf dem Zimmer gab es Gläser (dazu Mineralwasser aus Plastikflaschen), nachfüllbare Seifenspender und auf jeder Etage Mülleimer zum Trennen der Wertstoffe. Beim Öffnen des Fensters geht die Klimaanlage aus und während der drei Tage war in der Tat niemand in unserem Zimmer aufräumen, oder die Handtücher wechsen. Das Frühstücksbuffet war coronabedingt nicht ganz plastikfrei, aber in der Regel ist es wohl so; die Getränke an der Bar kamen mit Papierstrohhalm, der kostenlose Kaffee und Tee jedoch im Einwegbecher. Das ist in Teilen schon mal ein guter Ansatz, eco-friendly mit Einschränkungen, kann man sagen.
Unsere Unterkunft in Warschau war im PURO, Widok 9, ca. 15 Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt in einer recht ruhigen Seitenstrasse und ideal gelegen für Touren durch die Stadt. Es gibt eine kleine Dachterrasse mit Bar, großes helles Restaurant und Spa-Bereich. Im Service durchweg junge, mehrsprachige Polen, die sympathisch und aufmerksam waren. https://purohotel.pl/en/warszawa/location
Essen
Viele Restaurants haben von früh bis spät geöffnet und offerieren Frühstück, Mittag- und Abendkarte. Es gibt meist auch eine englische Speisekarte. Die Preise sind ca. 1/3 günstiger als in Deutschland und die Qualität sehr gut. Neben typisch polnischen Spezialitäten findet man jede Art internationaler Küche, sowie viele vegetarische/vegane Restaurants.
Wir fanden es sinnvoll zu reservieren, so verbrachten wir bei der Hitze keine Zeit in Warteschlangen. Trinkgeld wie bei uns, ca. 10 % vom Rechnungspreis.
Mir haben gefallen…
Bulke przez Bilbuke, Zgoda 3 / sympathisches Lokal mit gesunden leichten Speisen
Shabby Chic Coffee, Piwna 20/26 / kleines polnisches Lokal in der Altstadt mit gemütlicher Bücherecke
Stol Bistro, Nowolipki 17c / deftiges Frühstück auf ruhiger Außenterrasse in einer Wohnstrasse
Hala Gwardii, Platz hinter dem Eisernen Tor 1 / Markthalle mit vielen Essensständen
Odette Tea Room, Twarda 4 / verführerische kleine Kostbarkeiten und große Teeauswahl
Bez Tytulu, Poznanska 16 / chic und stylish, moderne mediterrane Küche, Außenterrasse
Vege Miasto, Aleja „Solidarnosci“ 60 a / hippes veganes Lokal, leckere Smoothies, große Portionen
Literaturliste
Sympathie Magazin Polen
Gebrauchsanweisung Polen: Autor Knapp, Radek; Piper Verlag
Polen – Ein Länderportrait: Autorin Brigitte Jäger-Dabek; Ch. Links Verlag